Deutlich früher als angekündigt geht der 2. Teil von “Steam Noir” an den Start. Hatte man die Fans der auf vier Bände ausgelegten Serie damit geschockt, daß Band 2 erst nach einem Jahr erscheinen solle (und das nach einem brutal spannenden Cliffhanger), haben es die Beteiligten nun doch schon nach neun Monaten geschafft. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen!
Einige Veränderungen gab es beim Kreativteam. Felix Mertikat ist natürlich im Boot, während Benjamin Schreuder ausgestiegen ist. Ihr erster gemeinsamer Comic “Jakob” war einer der Überraschungserfolge des Jahres 2010, und beide wurden damals mit dem Sondermann (Preis der Frankfurter Buchmesse) für den besten Newcomer ausgezeichnet. Schreuders Platz hat nun Verena Klinke eingenommen. Die freie Autorin war bereits bei der Entwicklung von Band 1 eingebunden. Für die Kolorierung ist nun Jakob Eirich verantwortlich.
Die Geschichte ist in der Welt Landsberg angesiedelt, auf den Überresten eines zerbrochenen Planeten, den sog. Schollen, die durch Metallkonstruktionen zusammengehalten werden. Auf der Welt existieren mehrere unterschiedliche Städte und Staaten, die recht unterschiedlich ausgeprägt sind. Wie der Titel “Steam Noir” schon suggeriert, ist die Geschichte dem Genre Steampunk zuzuordnen, d.h. die Gesellschaft und Kleidung sind viktorianisch geprägt, jedoch auf einer höheren Technikstufe, bei der Roboter, künstliche Prothesen und natürlich Dampfkraft eine wichtige Rolle spielen. Zusätzlich wird die Handlung hier noch übernatürlichen Elementen angereichert.
Heinrich Lerchenwald ist ein ‘Bizarromant’ vom Leonardsbund, d.h. er ist Ermittler in Sachen Seelen und Geister. Auf Landsberg gehen diese Geisteraktivitäten jedoch über ein normales Maß hinaus. Sobald ein Geist bzw. eine Seele aus dem Reich der Toten, der Insel Vineta, wiederkehrt, kommt es zu schrecklichen Veränderungen von Lebewesen, die mit Gegenständen verschmelzen, und ähnlichen morbiden Unglücken. Lerchenwald zur Seite stehen Richard Hirschmann, eine menschliche Seele in einem dampfbetriebenen Robotkörper sowie Frau D., eine hübsche und kluge Ermittlerin.
Das Team ist nach wie vor mit den Ermittlungen zu dem geheimnisvollen “Kupferherz” beschäftigt. Offenbar gehörte dies der Leiche eines jungen Mädchens, das vor Jahren qualvoll eingemauert wurde und starb. Auch der Kalendarische Orden geht brutal und zielstrebig vor, um an sein Ziel zu kommen. Lerchenwald geht auf der Suche nach Informationen einem Bund mit dem Teufel in Person des Mannes mit der Maske ein. Wird dieser sich an die Abmachung halten? Und was ging im Operationssaal des ominösen Chirurgen Dr. Presteau vor?
Fazit:
Daumen hoch für die Eigenproduktion von Cross Cult. Es gibt eigentlich keine Entschuldigung die Serie NICHT zu lesen, wenn man sich für Steam Punk interessiert. Ein komplettes, kreatives Universum mit vielen Rätseln und Wundern wartet darauf, vom Leser entdeckt zu werden.
Die Zeichnungen von Felix Mertikat transportieren dabei die düstere, verwunschene Stimmung ausgezeichnet. Vor allem seine wundersamen Figuren gefallen mir sehr gut. Sehr detailreich und authentisch kommen die übernatürlichen Kreaturen, aber auch die Uniformen der Soldaten und die veränderten Menschen und Maschinen zur Geltung.
Verena Klinkes Texte wirken eloquent und zielsicher. Speziell die Dialoge mit weiblicher Beteiligung sind sehr treffend. Die Koloration von Jakob Eirich ist wesentlich besser und passender als die seines Vorgängers, die sehr steril wirkte.
Präsentiert wird dass als großformatiger Hardcoverband, zwar etwas kleiner als das Standardalbum, aber sehr gut verarbeitet. Im Bonusteils Zeichnungen von Kolorist Jakob Eirich, Naomi Fearn (“Zuckerfisch”), David Boller (“Tell”) und Tobi Dahmen.
Die Kreativität von Felix Mertikat ist ungebremst. Wie er jetzt bei einem Signiertermin, bei dem ich ihn und Verena Klinke treffen durfte, verlauten ließ, kann er sich durchaus vorstellen, mehr aus der Welt von Landsberg zu erzählen, z.B. in Form von Romanen. Man darf gespannt sein, was sich der sympathische Hutträger noch in Peto hat.
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