Am 10. März 2012 ging einer der größten Comic-Künstler der Geschichte von uns. Moebius, mit bürgerlichen Namen Jean Giraud, hat mit seinem innovativen, experimentellen Stil über Jahrzehnte hinweg Zeichner auf der ganzen Welt beeinflusst und inspiriert.
Während er unter dem Pseudonym “Gir” im Westerngenre mit der Serie “Leutnant Blueberry” wohl seine bekanntesten Werke schuf, kreierte er unter dem Pseudonym “Moebius” Science Fiction mit Fantasy-Elementen.
Auch diejenigen, die niemals mit Comics von Jean Giraud in Berührung gekommen sind, werden schon Arbeiten des Meisters gesehen haben, denn Giraud hat beim Design in vielen Science Fiction Filmen mitgewirkt, z.B. bei “Alien”, “Das fünfte Element” oder “Tron”.
Bereits 2008 hat der Verlag Cross Cult begonnen, in der “Moebius-Collection” diese Werke zu sammeln, und als edle Hardcover-Alben zu veröffentlichen.
Den Anfang machten damals “Arzach” und “Die hermetische Garage”.
“Die hermetische Garage” wurde erstmals in französischen Magazin Métal Hurlant (Schwermetall) veröffentlicht. Nach einem Vorwort des Meisters selbst folgt ein Vorwort von Martin Jurgeit (Comixene). Dann geht sie los, die aberwitzige Reise in ein Universum von Moebius. Raumschiffe, Aliens, Realitäten, Universen… und mittendrin Major Grubert und Jerry Cornelius. Man merkt, daß die Handlung nicht lange vorgeplant war, sondern spontan zu Papier gebracht wurde. Moebius selbst betonte in seinen Anmerkungen zu seinen Arbeiten immer wieder, daß er am Anfang einer Geschichte meist kein bestimmtes Ende im Blick hat, sondern die Geschichte fließen lässt.
Der Band “Arzach” startet mit der Kurzgeschichte “Die Umleitung” in Schwarzweiß. Diese stellt die Einleitung zu den “Arzach”-Episoden dar, und zeigt den Ausflug einer Familie mit dem Auto durch ein abgefahrenes, postapokalyptisches Frankreich, in dem die Grenzen von Realität und Traum so sehr verschwimmen wie in dem Film “Yellow Submarine” von den Beatles.
Dann endlich geht es mit der namensgebenden Figur weiter. Arzach reitet auf einem Flugsaurier durch die Lüfte, und erlebt kleine Abenteuer ohne Sinn, Moral und roten Faden. Woher die Figur kommt, und was sie eigentlich will erfährt man nicht. So wechselt Arzach nach jeder Episode den Namen (z.B. Arzack, Arzak). Darum geht es jedoch nicht, denn was diesen Band zum Meilenstein macht, sind definitiv die Zeichnungen. Man kann diese nur als richtungweisend bezeichnen. Farben, Formen und Erzählweise sind auch Jahrzehnte nach der Erstveröffentlichung aktuell, und kommen gänzlich ohne Sprechblasen aus, egal ob Arzach Monster abhängt, oder junge Damen beäugt. Jedes Panel wäre ein Poster wert.
“Die blinde Zitadelle” sammelt acht Kurzgeschichten (”Die blinde Zitadelle”, “Deima”, “Ballade”, “Absolute Kontrolle”, “Der Apfelkuchen”, “Albtraum in Weiß”, “Weihnachtserzählung” und “Ktulu”). In diesem Band dominiert die Fantasy etwas über Science Fiction. So erkundet ein ritterlicher Held die seltsame Zitadelle im Wald, als es ihn in eine andere Dimension verschlägt. Bildgewaltig geht es in “Ballade” zu, in dem ein junges Paar durch ein einen unglaublich detaillierten Dschungel zieht. Zwischen Monstern und Naturgewalt müssen sie überleben. Eine Besonderheit ist “Albtraum in Weiß”, in dem Moebius das Thema Fremdenfeindlichkeit thematisiert, und zwar auf eine ganz andere Art und Weise als man dies gewohnt ist.
In “The Long Tomorrow” sind neben der namensgebenden Geschichte auch die Kurzgeschichten “Rock City”, “Das Universum ist ein Dorf”, “Rotbart und der Hirnpirat”, “Das Artefakt”, “Anflug auf Centauri” sowie “Variation Nr. 4070 über ´das´ Thema” enthalten. “The Long Tomorrow” (geschrieben von Dan O’Bannon), ist die Geschichte von Pete Club, einem Privatdetektiv, der in einer vollkommen technisierten Stadt der Zukunft ermittelt. Wer sich da an den Film “Blade Runner” erinnert fühlt liegt goldrichtig, denn der Film wurde von diesem Comic inspiriert. Andere Geschichten wie “Das Universum ist ein Dorf” und “Variation Nr. 4070 über ´das´ Thema” zeigen wiederum den sehr schwarzen Humor von Moebius. Ein böser Spaß!
Fazit:
Moebius ist zeitlose Comic-Kunst, die in keiner Sammlung fehlen sollte. Diejenigen, die noch nichts von Moebius gesehen haben, sind zu beneiden, denn die erste Betrachtung dieser Werke ist ein ganz besonderer Augenblick. Aber auch Alt-Fans werden sicherlich zu dieser ausgezeichnet aufgemachten Collection greifen, denn so schön gesammelt und kommentiert gab es diese Geschichten bislang nicht. Gerade die Anmerkung von Moebius selbst zu den jeweiligen Geschichten runden den Lesegenuss ab, und man kann gut nachvollziehen, im welchen Umfeld die jeweiligen Geschichten entstanden sind.
Außer den angesprochenen Bänden sind noch folgende bei Cross Cult erschienen: “Zwischenlandung auf Pharagonescia”, “Die Ferien des Majors” und “Der Mann von der Ciguri”.
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