Wir befinden uns im Jahre 146 v. Chr. Ganz Nordafrika ist von den Römern besetzt… Ganz Nordafrika? Nein! Eine von unbeugsamen Puniern bevölkerte Stadt namens Karthago hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten…
So könnte das Grundsetting von “Die Diebe von Karthago” beschrieben werden. Karthago hatte Rom in der Vergangenheit viel Ärger gemacht, und so beschloss man, die Stadt dem Erdboden gleich zu machen. Die weitere Geschichte ist bekannt, die Blütezeit des größten Konkurrenten von Rom war vorbei. Doch Autor Apollo wäre nicht Apollo, wenn er aus dem bekannten Material nicht eine feine Geschichte machen würde.
Bühne frei für Horadamus und Berkan, zwei ehemalige Söldner, die ausgezogen sind, um mit Raub und Mord nach vielen blutigen Schlachten doch noch reich zu werden. Berkan, der Numider, will sich in seiner Heimat einem Palast bauen, und jeden Tag Antilopen jagen, und Horadamus, der Gallier, will sich in Gallien eine Therme bauen, aus der ganz einfach Rotwein fließt. Als sie eine Karawane überfallen, treffen sie auf die schöne Tara, die sich vorgenommen hat, den Goldschatz des kinderfressenden Gottes Moloch in Karthago zu plündern. Sie kann die beiden davon abbringen sie zu vergewaltigen, und weiht sie kurzerhand in ihren Plan ein. Doch kaum konnten sie durch Glück und Geschick in die Stadt eindringen, wird das stolze Karthago von Römern eingekesselt. Doch die Diebe wollen sich durch einen kleinen Krieg nicht von ihrem Plan abbringen lassen…
Fazit:
Der geschichtliche Hintergrund des Bandes ist der Dritte punische Krieg, bei dem die Römer siegreich das verfeindete Karthago eroberten und zerstörten.
Der Zeichner Hervé Tanquerelle ist für seinen hier bereits besprochenen Band “Die falschen Gesichter” und die Serie “Professor Bell” bekannt, die er ab der Nummer 3 gezeichnet hat. Einen ähnlich dynamischen Stil wie bei “Professor Bell” verwendet er auch hier, doch durch die satten, hellen Farben von Isabelle Merlet wirkt der Band lebendiger als die eher dunklen Bände mit dem Professor. So muss das stolze Karthago an der heutigen tunesischen Küste ausgesehen haben, kurz vor dem Fall. Zusammen mit dem tragisch-komischen Verlauf der Handlung wird hier eine einzigartige Atmosphäre geschaffen. Hier jedoch wird das ganze trotz cartooniger Einlagen (wie z.B. der Hakennase von Horodamus) nicht zur kinderfreundlichen Geschichte wie z.B. bei einem bekannten Galliern, sondern hier geht es zur Sache. Es wird geraubt, gemordet, vergewaltigt und gebrandschatzt, eben genau so, wie es in Kriegen passiert. Das Ganze ist somit alles andere als der typische Abenteuercomic, bei dem eine Schicksalsgemeinschaft umher zieht, sich zusammenrauft, und am Ende den bösen Drachen besiegt. Apollo hat hier ein anderes Szenario umgesetzt.
Helden sucht man vergebens; hier hat jeder Dreck am Stecken. Trotzdem wird der ein oder andere Charakter, gerade wegen der Fehler, fast sympathisch. Am Lauf der Geschichte freilich können die Diebe nichts ändern. Die Zerstörung der Stadt wird hier in allen Facetten großzügig zelebriert. So bitter das für Karthago ist, optisch ist es ein Feuerwerk von Tanquerelles Kunst.
“Die Diebe von Karthago” ist ein ausgezeichnetes Seminar franko-belgischer Comickunst. Ein Band, den man nach dem Lesen nicht so schnell vergisst.
Das großformatige Hardcoveralbum umfasst die beiden in Frankreich erschienenen Alben, die Geschichte ist somit abgeschlossen.
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